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Warum eine Nickhautdrüsenhyperplasie nicht einfach weggeschnitten werden sollte!

Jan 20, 2021

Eine Nickhautdrüsenhyperplasie ist ein häufig vorliegendes Problem in der Kleintierpraxis. Vor allem brachyzephale Rassen sind gerne betroffen. Da diese Rassen immer beliebter werden, wird auch das Problem der vorgefallenen Nickhautdrüse immer häufiger. Als ich vor fast 20 Jahren (ja ich bin wirklich schon so alt!) mit der Veterinärophthalmologie begonnen habe, ist es noch häufig vorgekommen, dass die Drüsen einfach entfernt worden sind. Warum man das nicht machen sollte, erkläre ich euch im heutigen Blogartikel.

 

Liebe Tier-Augen-Fans,

Heute möchte ich mich mit dem Problem der Nickhautdrüsenhyperplasie beschäftigen. Die Nickhautdrüse ist Teil des dritten Augenlides. Sie liegt an der Basis des T-förmigen Nickhautknorpels. Bei bestimmten Rassen, va brachyzephale Rassen und Riesenrassen, kommt es leicht zu einem Vorfall. Dieser Vorfall kann ein- oder beidseitig sein. Ein Vorfall tritt meist um das erste Lebensjahr auf. Die genaue Ursache für den Vorfall wurde bis heute nicht geklärt. Man weiß nicht genau, ob es zunächst zur Entzündung der Drüse und dann zum Vorfall oder zunächst zum Vorfall und dann zur Entzündung der Drüse kommt. Da ist wieder die große Frage, was war zuerst, zuerst das Huhn & dann das Ei oder doch umgekehrt?

Warum man die vorgefallene Nickhautdrüse nicht einfach entfernen soll, ist ganz einfach erklärt. Die Nickhautdrüse produziert 1/3 der gesamten wässrigen Phase des Tränenfilms. Fehlt diese plötzlich, kann sich schnell ein trockenes Auge entwickeln. Und ein trockenes Auge wollen wir auf keinen Fall künstlich erzeugen. Daher ist unser Ziel, die Nickhautdrüse zu erhalten.

Die Frage, die man sich trotzdem immer stellen sollte, gibt es vielleicht doch ein auslösendes Problem? Zum Beispiel ein trockenes Auge, eine Lidfehlstellung oder eine Malformation des Nickhautknorpels? Ich bin immer auf der Suche und nur wenn ich kein offensichtliches Problem finde, gebe ich mit der Rasse zufrieden. Also „don’t forget“ die Augenuntersuchung! Auch wenn einem das Problem ins Auge springt.

Meine Ersttherapie ist nicht gleich die Operation. Sondern ich versuche die Drüse manuell in Lokalanästhesie zurück zu verlagern und zusätzlich mit lokalen und systemischen NSAIDs zu behandeln. In manchen Fällen ist diese Therapie ausreichend. Fällt die Nickhautdrüse nach kurzem Zeitraum wieder vor, muss eine chirurgische Lösung her. Aber dann ist zumindest die Entzündung schon mal behandelt.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten die Nickhautdrüse zu versenken. Auf der einen Seite gibt es die Pocket-Techniken und auf der anderen Seite die Verankerungen. Bei der Pocket-Technik wird eine Bindehauttasche an der Innenseite der Nickhaut präpariert, die Nickhautdrüse rein verlagert und dann vernäht. Bei den Verankerungen wird die Nickhautdrüse an unterschiedlichen Geweben (z.B. Orbita, Nickhautknorpel, …) fixiert. Nachteil dieser Technik ist aber, dass die Nickhaut dann auch fixiert ist und die Beweglichkeit eingeschränkt. Dadurch funktioniert die Verteilung des Tränenfilms und der Schutz des Auges nicht mehr ausreichend.

Was ich auch noch zum Thema OPs anbringen möchte ist die Rezidivrate. Diese stellt meiner Meinung nach, ein häufiges Problem dar. Auch wenn die Literatur nur von 3-5 % Rezidivrate spricht, ist meine persönliche Erfahrung deutlich schlechter. Das kann jetzt daran liegen, dass ich einfach diese OP schlecht mache oder es vielleicht doch eine höhere Rezidivrate gibt. Beim zweiten Rezidiv werden die meisten Besitzer dann doch auch etwas ungehalten und da braucht man dann einen guten und dauerhaften Lösungsansatz.

Es gibt nur einen Grund die Nickhautdrüse bzw. die Nickhaut zu entfernen. Immer dann, wenn eine neoplastische Entartung vorliegt, ist eine Resektion der Nickhaut erforderlich. Eine Nickhautdrüsenhyperplasie ist kein Grund, die Nickhaut zu entfernen.

Ist die Nickhautdrüse wieder dort, wo sein soll, sollte das Problem aber nicht vergessen werden. Ich bestelle meine Patienten trotzdem alle 6 Monate zur Kontrolle. Auch der jährliche Impftermin kann zur STT Kontrolle genutzt werden. Auch wenn die Nickhautdrüse erfolgreich wieder in Position gebracht worden ist, kann eine Reduktion der Tränenflüssigkeit auftreten. Um dies nicht zu übersehen, sind meiner Meinung nach Kontrollen sinnvoll.

 

Petras Merksatz:

Eine Nickhautdrüsenhyperplasie sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Der Anteil der wässrigen Phase des Tränenfilms ist nicht zu unterschätzen, vor allem bei Rassen, die zu trockenen Augen neigen. Ziel sollte immer sein, die Drüse zu erhalten. Die Operationstechnik sollte gut überlegt sein und es muss mit Rezidiven gerechnet werden. Wichtig ist hier auch die Kommunikation mit den Besitzern. Eine zusätzliche lokale entzündungshemmende Therapie ist immer von Vorteil.

 

Habt ihr noch Tipps oder Anregungen zum Thema Nickhautdrüsenhyperplasie? Dann hinterlasse mir gerne deinen Kommentar. Hast du noch Fragen zu diesem Thema, dann schreib mir eine Nachricht. Ich freue mich auf dein Feedback!

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